Kreislaufwirtschaft – warum kommen wir aus dem linearen Denken nicht heraus?

Veröffentlichung: Februar 4, 2024
Autor: Reinhard Willfort
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Simon Kofe, Außenminister von Tuvalu bei seiner COP26 Rede, wo er knietief im Meerwasser stand [Reuters]

"Die Welt ist bereits im Reparaturmodus“

Dr. Stefan Haas, TÜV Austria

Von „net zero“, also der Ausgewogenheit zwischen der Freisetzung und Absorbierung von Treibhausgasen sind wir bis heute weit entfernt. Ziel ist es, dass mittelfristig keine zusätzlichen Treibhausgase mehr in die Atmosphäre gelangen, um die globale Erwärmung zu stoppen. Um „netto null“ zu erreichen, müssen Staaten, Unternehmen und vor allem alle Menschen entweder ihre Emissionen stark reduzieren oder Maßnahmen ergreifen, um die verbleibenden Emissionen zu kompensieren.

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Die jährlichen Uno-Klimakonferenzen (zuletzt COP 28 in Dubai) zeigen, wie schwierig es ist eine längst überfällige, progressive globale Strategie mit wirksamen Maßnahmen zu verabschieden. Der Außenminister von Tuvalu, einem Inselstaat im Pazifik, hat für die Klimakonferenz COP 26 im Jahr 2021 eine Rede gehalten und ist dabei knietief im Meereswasser des Inselstaats gestanden. Mit der Aktion wollte Simon Kofe aufzeigen, dass Tuvalu in der Klimakrise gegen den steigenden Meeresspiegel kämpft. Mehrere Inseln werden bis 2050 bereits im Meer versunken sein, wenn nicht gegengesteuert wird. Aufmerksamkeit hat er damit erregen können: Die Bilder des Politikers gingen in den sozialen Medien viral.

Österreich bzw. das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hat dazu 2022 eine Kreislaufwirtschaftsstrategie mit dem Titel Österreich auf dem Weg zu einer nachhaltigen und zirkulären Gesellschaft verabschiedet. Darin sind viele innovationsrelevante Inhalte und Hinweise, die sehr gut beschreiben, warum wir uns mit etwas mehr Engagement auf den Weg machen sollten: „Die Kreislaufwirtschaft fördert wirtschaftliche Innovation, das Entstehen neuer Geschäftsmodelle und Konsummuster und die Resilienz der Wirtschaft.“

Eine große Herausforderung für Unternehmen wird die Rohstoffsituation der Zukunft sein. Rohstoffkosten und die Verfügbarkeit von Rohstoffen ist für produzierende Betriebe die Grundlage ihrer Wertschöpfung. Längst klar ist, dass wir zu viel an Ressourcen verbrauchen, die nicht mehr nachwachsen. Es braucht also neben der Reduktion von Ressourcen eine Verlängerung der Lebensdauer von Produkten und eine wirksame Kreislaufwirtschaft mit Fokus auf nachwachsende Rohstoffe.

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Problematisch ist der aktuelle Ressourcenverbrauch – 50 Mrd. Tonnen sollten nicht überschritten werden!

Auch in der übergeordneten EU-Klimastrategie „Green Deal“, die zum Ziel hat, dass Europa bis 2050 klimaneutral ist, findet man inspirierende Worte: Der Klimawandel ist die größte Herausforderung unserer Zeit und bietet zugleich auch eine Chance auf die Entwicklung eines neuen Wirtschaftsmodells.

Warum kommen wir trotzdem nicht oder nur sehr langsam weiter?

Offensichtlich trifft hier die natürliche Trägheit des Menschen sich aus seiner Komfortzone zu bewegen auf die latente Trägheit von Unternehmen Innovationen frühzeitig in Angriff zu nehmen. Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit kommen damit nur schleppend in die Gänge. „Leiden schafft Innovation“ ist viel öfter Impulsgeber für Innovationen als die „Leidenschaft Innovation“ gepaart mit einer strategischen Planung. Mit dem Green Deal der Europäischen Kommission wurden zwar „Top Down“ einige Maßnahmen verpflichtend zur Umsetzung verabschiedet, die Realität zeigt aber, dass es mehr Veränderungsenergie braucht, um diese Ziele auch zu erreichen.

Welche Faktoren behindern die Umsetzungsgeschwindigkeit?

Ähnlich wie beim Innovationsmanagement in Organisationen scheint es hier besonders schwierig zu sein, in die Umsetzung zu kommen bzw. mit ausreichendem Engagement dranzubleiben:

Politische Interessen

Die Umsetzung wirksamer politischer Maßnahmen erfordert eine enge Zusammenarbeit auf internationaler Ebene. In den Uno-Klimakonferenzen müssten 192 Staaten an einem Strang ziehen, oft bleibt nur der kleinste gemeinsame Nenner als Ergebnis. Die EU-27 haben sich verpflichtet Europa bis 2050 als ersten klimaneutralen Kontinent zu präsentieren. Dazu wurde vereinbart, die Emissionen bereits bis 2030, auf mindestens 55 % gegenüber dem Stand aus 1990 zu senken.

Wirtschaftliche Interessen

Ein Großteil der globalen Wirtschaft ist noch immer auf fossile Brennstoffe angewiesen. Der Übergang zu erneuerbaren Energien würde erhebliche Investitionen erfordern und kann kurzfristig zu wirtschaftlichen Unsicherheiten bei Unternehmen führen. Sehr oft wird daher von Unternehmen Druck auf die Politik erzeugt, um ihre wirtschaftlichen Interessen zu schützen.

Kurzfristige Verhaltensmuster

Wie schon im letzten Newsletter bei den Managerprämien ausgeführt, neigen auch Politiker und Entscheidungsträger dazu, sich auf kurzfristige Zeiträume zu fokussieren. Diese sind meistens synchron mit den Wahlperioden oder wirtschaftlichen Budgetphasen. Langfristige Probleme, wie der Klimawandel, erfordern jedoch langfristige Lösungen, die kurzfristig kaum politische Vorteile bieten. Das Denken in Generationen ist an dieser Stelle gefragt“

Mangelndes Verständnis

Eine diverse Belegschaft fördert eine Vielzahl von Perspektiven und Denkweisen. Unternehmen sollten darauf achten, dass sie über ein breites Spektrum an Mitarbeiter:innen mit unterschiedlichem Hintergrund und Erfahrungen verfügen. Wer Kreativitätsmethoden in Teams anwendet, sollte die Diversität in Geschlecht, Kompetenz und Persönlichkeit nutzen.

Dass Kreislaufwirtschaft schon heute wirtschaftlich machbar und erfolgswirksam ist, konnten der TÜV AUSTRIA und die AustroCel Hallein GmbH bei der Kreislaufwirtschafts-Auftaktveranstaltung der tecnet equity in Niederösterreich eindrucksvoll zeigen. Mit der Strategie „Von der Zellstoff- und Papierherstellung zur Bioraffinerie der Zukunft“ arbeitet austrocel unter der Führung von Dr. Wolfram Kalt (卡沃福) an der nahezu 100% Verwertung von Holzreststoffen zu wertvollen Produkten. Das Unternehmen ist mehrfach zertifiziert und schreibt damit eine „Zero Waste Success Story“. Der TÜV Austria hat sich als Dienstleistungsunternehmen auch zu „Net Zero 2030“ committet. Realisiert wird das durch eine umfangreiche Flotte an Elektrofahrzeugen, Verringerung von Flugreisen, eigenen PV-Anlagen und Aufforstungsprojekte, die einen zusätzlichen CO2-Ausgleich liefern.

Was könnte man aus deiner Sicht tun, um die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen?

Welche Strategie verfolgt dein Unternehmen dazu und wie schätzt du die aktuelle Situation ein?

Ich freue mich auf Feedback und wünsche noch einen erholsam-kreativen Sonntag!

Reinhard Willfort, Innovationsdoktor, www.willfort.at Let’s innovate together!

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