Blockchain Innovation – mehr als eine Technologie

Veröffentlichung: November 12, 2023
Autor: Reinhard Willfort
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Blockchain Innovation – mehr als eine Technologie

Nach intensiven Tagen in Brüssel mit Fokus „Blockchain for Industry“ habe ich mich entschlossen, die Serie „In 10 Schritten zum innovativen Unternehmen“ ausnahmsweise zu unterbrechen und eine kurze Zusammenfassung meiner Eindrücke zu teilen. Es geht in diesem Beitrag nicht darum die Technologie zu erklären, sondern den aktuellen Stand der Anwendungsperspektiven, Initiativen und Zukunftschancen zu beleuchten.

Fazit vorweg: Blockchain wird erwachsen und liefert die zukünftige Basis für das Vertrauen in viele Innovationen. Vier führende Blockchain Initiativen in der EU, die European Crypto Initiative, INATBA – International Association for Trusted Blockchain Applications, Blockchain for Europe und die European Blockchain Association e.V. haben daher im Rahmen der von GD GROW der Europäischen Kommission organisierten Blockchain-Konferenz ein gemeinsames Manifest veröffentlicht.

Damit verbunden ist der Aufruf an alle Vordenker:innen dieses Manifest mit zu unterstützen. Angesichts der bevorstehenden Wahlen und der politischen Veränderungen, die Europa im Jahr 2024 erleben wird, ist das gerade jetzt wichtig, um wichtige Innovationsimpulse auch in neuen Regierungsprogrammen vorzufinden.

Die „Blockchain for Industry“ Konferenz fand am 9.11.2023 in Brüssel auf Einladung der Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU der Europäischen Kommission statt. Der Vormittag wurde von DG GROW unter der Federführung von Dr. Joachim Schwerin – Experte für die digitale Transformation der Industrie – und vom Crowd Dialog Netzwerk gestaltet. Michael Gebert und ich waren eingeladen, unseren Standpunkt aus der Innovations- und Netzwerkperspektive jeweils als Vortrag einzubringen.

Alle Generaldirektionen der EC haben ihre aktuellen Blockchain-Projekte und Blockchain-Initiativen vorgestellt. Seitens EC wurde im April 2023 die sogenannte MiCA-Regulierung (Markets in Crypto Assets) beschlossen. MiCa soll 2024 in Kraft treten und damit mehr Sicherheit im Anwendungsgebiet Krypto-Assets bringen.

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Am Nachmittag wurden nach Einführungsvorträgen von Amaryllis Verhoeven (GROW), Ondřej Kovařík (Europäisches Parlament) und Mathieu Michel (belgischer Sekretär für Digitalisierung) in mehreren Panels über die wichtigsten Einsatzgebiete und Perspektiven von Blockchains diskutiert:

  • The contribution of blockchain to the digital and green transition & Blockchain as a game changer for industrial ecosystems

 

Blockchain ist mehr als nur ein technologischer Fortschritt. Blockchain steht als Symbol für ein positives und innovatives Potenzial in einer Zeit bedeutender Veränderungen. Obwohl sich Blockchain zunächst auf IT und Finanzen konzentrierte, geht Blockchain weit über digitale Innovationen bei Finanzdienstleistungen hinaus: Es geht auch darum, ein besseres Internet (Web3) zu schaffen, eines, das einen soliden Rahmen für beispiellose Transparenz, Vertrauen und Bürgerbeteiligung bietet.

  • Industrial co-operation in the virtual world: the role of decentralised autonomous organisations (DAOs) & DAOs as enabler of collective entrepreneurship: use cases, governance, bottlenecks

 

Automatisierte Blockchain-gesteuerte Mechanismen, einschließlich intelligenter Verträge (smart contracts), Tokenisierung von realen Vermögenswerten und Datenprüfbarkeit, werden neue Formen der Zusammenarbeit ermöglichen und integrative, partizipative Entscheidungsfindungsprozesse fördern. DAOs sind eine neue Organisationsform für Unternehmen als interaktives Netzwerk. Digitale Werteträger (Tokens) und vorprogrammierte Vereinbarungen, die von Computern automatisch ausgeführt werden, liefern ein neues Betriebssystem für sehr offene Organisationen. Hierarchien könnten damit zunehmend an Bedeutung verlieren.

  • Blockchain and value chain management in industry & Blockchain-based solutions to ensure safe, ethical and green supply chains

 

Blockchain bietet neue Möglichkeiten, unsere globalen Klimaziele zu erreichen. Lösungen für eine transparente Verfolgung von CO2-Emissionen, ein grünes Lieferkettenmanagement und dezentrale Energienetze. Auch „intelligente Städte“ können damit unterstützt werden. Blockchain ist ein Werkzeug, das unsere Industrie grüner, unseren Konsum nachhaltiger und transparenter und unser Engagement für die Umwelt stärker machen kann.

Im Rahmen der Konferenz wurden viele interessante Projekte und Konsortien vorgestellt. In nahezu allen EU-Nationen sind lokale Initiativen oder EU-Projekte als Partner greifbar, einige möchte ich beispielhaft vorstellen:

Europäische Infrastruktur für Blockchain-Dienste (EBSI)

Die Europäische Infrastruktur für Blockchain-Dienste (EBSI) zielt darauf ab, die Stärken der Blockchain für das öffentliche Wohl zu nutzen. EBSI ist eine Initiative der Europäischen Kommission und von European Blockchain Partnership. Aktuell stehen Use-Cases zum Nachweis der Echtheit von Dokumenten auf der Agenda.

CHAISE-Projekt

Die Kernaufgabe von CHAISE besteht darin, einen strategischen Ansatz für die Entwicklung von Blockchain-Kompetenzen für Europa zu entwickeln. Innerhalb des Projekts werden inzwischen kostenlose Online Trainings zu Blockchain (MOOC) angeboten.

BlockStand

BlockStand fördert die verstärkte Beteiligung europäischer Expert:innen an Standardisierungsaktivitäten für Blockchain und DLT (Distributed Ledger Technologies). Das Projekt zielt darauf ab, eine Online-Blockchain-Gemeinschaft zu schaffen, die sich aus allen Interessensvertreter:innen zusammensetzt.

ABC-Blockchain Center

Das ABC-Blockchain Center wurde im Jahr 2019 von 5 österreichischen Universitäten gegründet. Das ABC versteht sich als One-Stop-Shop Forschungszentrum für Blockchain und verwandte Technologien. Das geförderte Angebot für österreichische Unternehmen reicht von F&E, Strategieentwicklung, bis zur Umsetzung von Prototypen.

Warum wird Blockchain immer wichtiger?

Europa läuft Gefahr, im globalen Wettlauf, um die künftige digitale Wirtschaft hinter Nordamerika und Asien zurückzufallen, wie die Abhängigkeit von ausländischen digitalen Dienstleistern und die im Vergleich zu diesen Regionen geringe Zahl von Unicorns und Startups bereits zeigt. Dieser Wettlauf ist gekennzeichnet durch die Entwicklung smarter technologischer Innovationen, die einzigartige Möglichkeiten, Anwendungen und neue Werte mit sich bringen. Der Wert von Technologien wie künstliche Intelligenz, virtuelle Realitäten und Robotik wird auch bei uns längst anerkannt. Aktuell wird vor allem KI stark gehypt.

Die Blockchain kann als technologisch realisierte Vertrauensbasis für die Konvergenz all dieser Technologien dienen, sodass sie aufeinander aufbauen und den Rahmen für die zukünftige digitale Wirtschaft bilden können. In einem zukünftigen „Metaverse“ – einer neuartigen virtuellen Welt – werden all diese Technologien zum Einsatz kommen und ineinandergreifen. In dieses Thema werden aktuell große Summen in den USA investiert.

Aus der Innovationsperspektive ergeben sich vor allem durch „smart contracts“ und durch die Änderung der Systemarchitektur Innovationspotenziale. Der Wechsel bei Wertschöpfungsketten von zentral auf dezentral liefert neue Möglichkeiten und Vereinfachungen. Organisationen, die heute eine zentrale Rolle als „Vertrauensvermittler:innen“ innehaben, werden daher in naher Zukunft einen Innovationsschritt vollziehen müssen. Nachdem der erste Anwendungsimpuls der Blockchain-Technologie im Finanzwesen war, ist dort schon Bewegung zu sehen. Der Druck in dieser Branche steigt vor allem durch neue Lösungen, die über Startups kommen.

Dezentralität ist auch bereits im Energiewesen angekommen und Blockchain-Applikationen werden dort verwendet, um im Niederspannungsbereich von Nachbar zu Nachbar Energiehandel betreiben zu können, u.v.m.

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Der Anwendungsbereich „Pay-per-Use“ ist am Weg in die Industrie und basiert auf Blockchain-Technologie. Automatisierte Daten- und Zahlungsflüsse ermöglichen damit digitale Geschäftsmodelle und liefern neue Perpektiven im industriellen Maschineneinsatz und für flexible Investitions- und Nutzungsszenarien. Die Entwicklung von Applikationen und Geschäftsmodellen unter Nutzung von Blockchain-Technologie wird damit auch das betriebliche Innovationsmanagement verstärkt beschäftigen.

Auch wenn heute in der breiten öffentlichen Diskussion das Wort „Blockchain“ oft noch ausschließlich mit „Bitcoin“ verknüpft ist, und damit Energieverschwendung und Misstrauen assoziiert wird, kann sich das in den nächsten Jahren rasch ändern. Die neuesten Generationen von „Distributed Ledger Technologies“, wozu Blockchain gehört, braucht nicht mehr Strom als andere Web-Applikationen und sie sind noch dazu wesentlich schneller. Hedera ist z.B. einer dieser Vertreter der 3. Generation von DLT-Lösungen. Die Anwendungsgebiete sind vielfältig und gehen weit über den Bereich Kryptowährungen hinaus. Blockchain liefert vor allem die Basistechnologie für das Web3, dem Internet der Werte.

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Die neue Dimension des Internets mit Web3 [Primavera Di Bianchi]

Die Urform der Blockchain wurde bereits 1991 von Stuart Haber und W. Scott Stornetta entwickelt. Sie kamen auf die Idee, Dokumente in Datenblöcken mithilfe von Hash-Werten und Zeitstempeln zu verschlüsseln und zu verketten. Erst 2009 stieß dieses Prinzip mit dem Whitepaper „Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System“ auf großes Interesse. Es wurden in diesem Whitepaper Blockchain und Bitcoin erstmals zusammenhängend erläutert. Wer sich hinter dem Autoren-Pseudonym Satoshi Nakamoto verbirgt, ist bis heute ungeklärt.

Aus meiner Sicht ist es aktuell sehr wichtig auf DLT-Ausbildung zu setzen, um ein Mindestmaß an internem Wissen aufzubauen. Das beginnt vor allem im Top-Management, um zu verstehen, ob Blockchain im eigenen Unternehmen sinnvoll eingesetzt werden kann und um zukunftsorientierte Entscheidungen treffen zu können. Seitens isn – innovation service network haben wir uns daher bereits 2018 entschlossen, das DEC-Institute in Rotkreuz in der Schweiz mit aufzubauen und einen internationalen Standard für DLT-Ausbildung zu etablieren.

Das DEC-Institute bietet derzeit den höchsten Ausbildungs- und Zertifizierungsstandard für Blockchain-Technologien, Digital Assets und Web3 an. Dieser Standard wird von den internationalen Forschungspartner:innen und den Eigentümer:innen laufend weiterentwickelt. Die parallel gegründete DEC-Association bündelt viele Marken, Organisationen und Köpfe in der internationalen Blockchain-Szene zum regelmäßigen Wissensaustausch im Thema DLT.

Die Schweiz ist mit dem „Crypto Valley“ ein Anziehungspunkt für Unternehmen und Gründer:innen geworden und ist damit ein „Hot Spot“ mit großem Wissensvorsprung. Das sehr bekannte Etherium Framework ist federführend vom Russen Vitalik Buterin in der Schweiz entwickelt worden und durch die erstmalige Verfügbarkeit von „smart contracts“ heute eine der am meisten eingesetzten Blockchain-Technologie. Diese Offenheit für Innovationen zeichnet die Schweiz bis heute aus.

Im österreichischen Regierungsprogramm 2020 war zumindest die Erstellung eines Masterplans für Blockchain-Technologie und Kryptowährungen vorgesehen. Alle 151 European Digital Innovation Hubs (EDIH) und besonders die vier nationalen EDIHs in Österreich können als Partner:innen für digitale Innovationen angesprochen werden. Sie liefern Know-how und Services für die digitale Transformation.

Welche Bedeutung hat Blockchain für dein Unternehmen? Gibt es bereits Expertise für die Entwicklung von Applikationen? Welche Einsatzgebiete könnten dafür interessant sein?

Ich freue mich wie immer auf Feedback und wünsche wie immer einen erholsam-kreativen Sonntag!

Reinhard Willfort, Innovationsdoktor, www.willfort.at

Wozu kann die Blockchain Technologie eingesetzt werden? Welche Vorteile sind damit verbunden? Gibt es in deiner Organisation bereits Know-how dazu? Die Fähigkeit der Blockchain die Datensicherheit, das Vertrauen und die Unveränderlichkeit von Daten zu verbessern, macht sie zu einer idealen Lösung für die Verknüpfung verschiedener Technologien und Systeme. Dazu gehören plattformübergreifende Anwendungen, maschinelles Lernen und KI-Modelle, IoT-Geräte, Lieferkettennetzwerke, Gesundheitsdaten, Energienetze, digitale Identitätslösungen u.v.m. Dieser Newsletter liefert eine Nachlese zur aktuellen „Blockchain for Industry“ Konferenz, die am 9.11. in Brüssel von der European Commission veranstaltet wurde und liefert einen Ausblick zu diesem Thema für Unternehmen.

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