2. Innovation braucht Strategie

Veröffentlichung: September 24, 2023
Autor: Reinhard Willfort
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In 10 Schritten zum erfolgreichen Unternehmen

„Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige."

Strategie wird als die grundsätzliche, langfristige Verhaltensweise und Maßnahmenkombination zur Verwirklichung langfristiger Ziele definiert (Gabler Wirtschaftslexikon). Ursprünglich stammt der Begriff aus dem Militärischen. Vor mehr als 20 Jahren in meinem Studium an der TU-Graz wurde für die Strategische Planung ein Zeithorizont von 10 Jahren vorgeschlagen.

10 Jahre sind eine lange Zeit. Wer heute noch ein Strategiepapier für 2023 aus dem Jahr 2013 aus seiner Schublade ziehen kann, wird wenig von dem vorfinden, was uns aktuell bewegt. Heute heißt Strategieentwicklung in etwa 3 Jahre in die Zukunft zu planen. Die rasante Entwicklung neuer Technologien, kürzere Produktlebenszyklen und disruptiver Geschäftsmodelle macht es nahezu unmöglich längerfristig zu planen. Dazu gekommen sind spontane geopolitische Ereignisse, die kaum jemand voraussehen konnte.

Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf das Innovationsmanagement und auf innovative Unternehmen?

„Wenn wir wollen, dass alles so bleibt wie es ist, dann ist es nötig, dass sich alles verändert“ – [Giuseppe Tomasi di Lampedusa]. Dieser legendäre Satz liefert eine schlüssige Motivation für die hohe Bedeutung eines unternehmerischen Innovationsmanagements. Für Unternehmen, die grundsätzlich dafür gebaut sind stabil zu sein, führt Veränderung in immer kürzeren Zeitabständen zu großen Herausforderungen. Interne Veränderungen müssen gut geplant werden und einer langfristigen roten Linie folgen. Auf operativer Ebene entsteht bei spontanen Veränderungen ansonsten eher Chaos und Verunsicherung. Wer immer nur von einem Auftrag zum nächsten plant, läuft schnell Gefahr, den Fokus zu verlieren. Strategische Planung und Innovationsmanagement rücken damit in das Zentrum der unternehmerischen Aktivitäten (Chefsache) und betreffen in absehbarer Zeit alle Branchen. Begriffe wie Agilität, Innovation und Resilienz sind in vielen Headlines zu finden.

Wie entwickelt man eine (Innovations-)Strategie?

Die grundsätzliche Abfolge für die Strategieentwicklung lautet vereinfacht:

Daraus ergibt sich im Idealfall eine starke und klare Positionierung und eine Grundlage für längerfristig wirksame unternehmerische Entscheidungen. Für innovative Unternehmen muss sich daraus auch die Innovationsstrategie ableiten. Diese ist vor allem für Innovationleader in der Branche wichtig. Die Innovationsstrategie legt fest, wie das Neue im Unternehmen zustande kommt und wie viele Ressourcen man dafür bereit ist, einzusetzen u.v.m. Ein Innovationleader muss bereit sein hohes Risiko zu nehmen. Die Belohnung dafür ist hohe Sichtbarkeit am Markt und eine Monopolstellung beim Launch neuer Lösungen. Damit relativiert Innovation auch eine Preisdiskussion beim Start. Der Erste am Markt kann damit den Preiskorridor für neue Lösungen festlegen.

Die Innovationsstrategie eines Unternehmens ist Teil der Unternehmensstrategie und sollte inkl. der strategischen Positionierung auf folgende sechs Punkte eingehen:

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Gestaltungsschwerpunkte einer Innovationsstrategie

Jeder dieser Punkte kann unterschiedliche Ausprägungen haben (siehe Abbildung), nicht alle können miteinander kombiniert werden. Wichtig ist, dass Strategien laufend evaluiert und hinterfragt werden. In hochdynamischen Branchen kann es sinnvoll sein, zumindest zweimal im Jahr oder sogar jedes Quartal auf den „strategic fit“ zu schauen. Wichtig ist auch die Kommunikation von Strategien zu allen Köpfen im Unternehmen im Sinne einer zukunftsorientierten Unternehmenskultur. Wer sich im Thema vertiefen möchte, sollte den Klassiker „Blue Ocean Strategy“ – [W. Chan Kim and Renée Mauborgne] lesen, bzw. auch die neuere Ausgabe „Blue Ocean Shift“, wo der Umsetzung mehr Raum gegeben wird.

Innovationsstrategien sind nicht nur für Unternehmen wichtig, sondern auch für Regionen oder Nationen. Und Innovationsstrategien sollten durch Maßnahmen umgesetzt werden, die man messen kann. Die Erfahrung zeigt, dass diese Aufgabe oft nicht die höchste Priorität hat. Wer kann z.B. die Frage beantworten, wo Österreich als Nation in 3 Jahren (also 2026) stehen sollte und welche Strategien und Maßnahmen dazu verfolgt werden?

Beispiel 1: Ein Rückblick auf das Jahr 2010 und das zugehörige Dokument „Der Weg zum Innovation Leader, Strategie der Bundesregierung für Forschung, Technologie und Innovation“ liefert ein recht schlüssiges Strategiedokument auf 46 Seiten. Damals war Österreich am 7. Platz im „European Innovation Scoreboard 2010“ als „Innovation Follower“ mit dem Ziel zu den „Innovation Leadern“ (z.B. Schweden, Dänemark, Finnland) aufzuschließen. Konkret hatte man eine Forschungsquote von 4% im Auge, diese wurde abgeschwächt auf 3,76% F&E-Quote wegen der damaligen Wirtschaftslage. Grundsätzlich halte ich diese Zahl für wenig aussagekräftig, da sie nur ein Input-Indikator ist, aber die F&E-Quote ist zumindest leicht messbar. Hohe Ausgaben in diesem Segment werden also grundsätzlich positiv gesehen, auch wenn das nicht das zuletzt erhobene Stimmungsbild der Österreicher:innen zum Thema Wissenschaft spiegelt.

Das Ergebnis im Jahr 2020 war letztlich 3,19% F&E-Quote und der Platz 8 auf EU-Ebene. Wir haben uns also bewegt, aber in die falsche Richtung. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Schweiz als Nicht-EU-Land in dieser Evaluierung unangefochten auf Platz 1 stehen würde, und zwar seit Jahren.

Was war die Konsequenz aus den Ergebnissen der FTI-Strategie 2020? Die neue „FTI-Strategie 2030“ Österreichs aus dem Jahr 2020 hat erstaunlicher Weise nur mehr 11 inhaltliche Seiten und der durch die Pandemie eingeläutete Tagesaktionismus dominiert leider bis heute das Geschehen zu Ungunsten einer längerfristigen Planung.

Beispiel 2: Auf unternehmerischer Ebene möchte ich die Innovationsstrategie der Österreichischen Post AG als Beispiel anführen. Die Post AG richtete bereits 2011 als erste Paketlogistikgesellschaft ihren Fokus auf eine CO2-neutrale Zustellung. Anhand des Nachhaltigkeitsschwerpunkts (Positionierung) wurden zahlreiche Innovationsmaßnahmen gestartet, unter anderem wurde das Thema Einwegverpackungen in Angriff genommen. Durch die Corona-Pandemie wuchs die Zahl der transportierten Paketmengen stark und so stieg auch die Anzahl der Einwegverpackungen weiter an, die nach einmaligem Gebrauch im Altpapiercontainer landeten. Um den negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt entgegenzuwirken und eine kundenorientierte Lösung zu finden, wurde eine Open Innovation Strategie verfolgt: Kund:innen und Partner:innen wurden eingeladen, ihre Ideen und Vorschläge im Rahmen einer Crowdsourcing-Ideeninitiative und später in Innovationsworkshops einzubringen. Rasch wurden erste Tests mit Prototypen durchgeführt, die letztlich zur wiederverwendbaren Lösung „Loop“ geführt haben.

Warum ist es wichtig eine Innovationsstrategie als Grundlade längerfristiger Orientierung zu haben?

Wer sich mit Ideenmanagement im Unternehmen beschäftigt, braucht Filter, um gute Ideen zu selektieren. Wer Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter:innen plant, sollte auch wissen, was längerfristig wichtig sein wird. Einer der ersten Filter für die Priorisierung sollte daher der strategische Filter sein. Die Entwicklung von Strategien benötigt auch die Auseinandersetzung mit Trends. Aktuell haben wir den (gefühlt 5-ten) Hype um das Thema Künstliche Intelligenz und das Thema Nachhaltigkeit als wichtige Impulsgeber. Die „Langen Wellen der Konjunktur“, eine Theorie, die Nikolai Kondratieff 1926 erstmals veröffentlichte, sind nur zur groben Orientierung geeignet. Aktuell rätselt man, wodurch der 6. Zyklus dominiert sein wird (Gesundheit scheint naheliegend).

Die strategische Planung wird in immer kürzeren Planungszyklen erfolgen (müssen) und der wirtschaftliche Erfolg wird sich eher einstellen, wenn mehrere nachhaltige Trends die Nutzung der neuen Lösung bei Kunden begünstigen. Durch die Digitalisierung ergibt sich heute die Möglichkeit, die Umsetzung von Ideen in hoher Interaktivität mit der Zielgruppe zu gestalten. Damit kann das Innovationsrisiko auf ein Minimum gesenkt werden. Darauf werde ich beim Schritt 7 „Innovation braucht eine digitale Basis“ eingehen.

Gibt es in deinem Unternehmen bereits eine Innovationsstrategie oder strategische Maßnahmen? Welche Trends sind für dein Unternehmen von besonderer Bedeutung? Woran erkennt man eine gute Innovationsstrategie?

Ich freue mich auf Feedback und wünsche noch einen erholsam-kreativen Sonntag!

Reinhard Willfort, Innovationdoktor, www.willfort.at

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