9. Innovation braucht Service Design und Design Thinking

Veröffentlichung: November 19, 2023
Autor: Reinhard Willfort
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In 10 Schritten zum erfolgreichen Unternehmen

Entscheidend für den Markterfolg von neuen Lösungen sind Kundennutzen und Usability, also die Benutzbarkeit. Viele Unternehmen fokussieren auf die eigenen Leistungen und nicht auf das Kundenbedürfnis und den Nutzen. Die Frage für „Userzentriertes Innovieren“ lautet heute: Wie kann der Alltag oder der Anwendungsbereich der Zielgruppe durch neue Services leichter und besser gestaltet werden?

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Unterschiedliche Sichtweise auf eine Lösung zwischen Anwender:innen und Entwickler:innen/Käufer:innen

Das Bild zeigt sehr gut wie unterschiedlich die Wahrnehmung zu einer Lösung sein kann. Während die Eltern begeistert auf das Spielzeug sehen, nimmt das Baby nur die „Unterseite“ der Figuren wahr. Nachdem das Spielzeug auch einen Ton erzeugt, kann es natürlich trotzdem einen Effekt haben. Wenn man sich andere Beispiele aus der Praxis ansieht, entdeckt man ähnliche Denkfehler. In der Praxis ist „große Innovation“ oft mit „hoher Komplexität“ gleichgesetzt. In der Realität sieht man aber immer öfter, dass einfache, reduzierte Lösungen schneller eine Marktdurchdringung finden.

Mein „Aha-Erlebnis“ zum Service Design hat Birgit Mager bei einer Innovationsveranstaltung der Industriellenvereinigung Oberösterreich im Jahr 2009 generiert. Wir waren beide als Vortragende eingeladen und Birgit hat mit ihrem Beitrag für mich erstmals die Methodik, die ich bisher nur unter „Open Innovation“ kannte, vorgestellt: Es geht bei Service Design darum, die Lösung komplett auf die Wünsche und Bedürfnisse der Nutzer:innen auszurichten. Inzwischen ist das von Birgit initiierte Service Design Network die erste Anlaufstelle für „Design Thinker“ in einem weltweit aktiven Netzwerk.

Die übergeordnete „Denkhaltung des Design Thinkings“ baut auf der Denkweise, der Sensibilität und den Methoden von Designer:innen auf, um Probleme interdisziplinär zu lösen. Service Design setzt den Fokus auf die Entwicklung von Dienstleistungen. Ein optimales Design für eine Dienstleistung basiert auf dem exakten Verständnis der Bedürfnisse und Wünsche der Kund:innen und des Nutzens, der mit einer Lösung verbunden ist. Aus dieser Sichtweise resultiert für mich, dass Service Design aber auch Industrial Design spezielle Schwerpunkte im Design Thinking Rahmen adressieren.

Nachdem heute viele Lösungen aus einer Hardware (Produkt) und persönliche oder digitale Services bestehen, ergibt sich daraus ein universeller Rahmen, um Innovationsprozesse zu gestalten. Im Kern geht es darum, ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse und Herausforderungen der Nutzer:innen zu erlangen und auf dieser Grundlage neue Lösungen zu entwickeln.

Das Methodenset setzt sich aus unterschiedlichen Design- und Kreativmethoden zusammen. Im Fokus steht aber immer der Kund:innen-Nutzen und nicht die komplexe Ingenieurleistung. Einzelne Methoden daraus beschäftigen sich mit Kund:innen-Profilen (Personas) oder mit der „Kund:innen-Reise“ (Customer Journey) durch die Lösungselemente.

Bei einer Kund:innen-Reise wird oft von den Gestalter:innen und Entwickler:innen versucht, die Position der Enduser:innen einzunehmen. Man versetzt sich z.B. in die Rolle einer/eines 75-jährigen Nutzers/Nutzerin der Mobilitätsservices eines Flughafens. Wenn diese:r Nutzer:in noch dazu aus dem Ausland kommt und nicht Deutsch spricht, wird man sehr schnell feststellen, dass manche Kontaktpunkte (Touch Points) nicht zu verstehen sind. Die/der ausländische User:in wird die Hinweise nicht verstehen. Durch das Alter bedingt, könnten auch gesundheitliche Einschränkungen einwirken, die eine barrierefreie Nutzung erschweren.

Eine weitere Methode ist darauf ausgelegt, nicht selbst durch den Prozess zu navigieren, sondern andere Menschen dabei zu beobachten und nachträglich zu befragen. Das kann auch einen tiefen Erkenntnisgewinn für die Gestaltung der Leistungserbringung und der Leistungsabfolge bringen.

Für die Gestaltung von neuen Lösungen kann man aus den verfügbaren Methoden einen idealtypischen Ablauf designen, der in Form von Workshops mit mehreren Personen und Fachdisziplinen durchlaufen wird. Im Universitätskurs „Digital Innovation Modelling“ (DIM) an der Universität Graz haben wir Methoden aus dem Design Thinking mit Methoden der Geschäftsmodellentwicklung und digitalen Tools für Crowdsourcing und online Brainstorming kombiniert.

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Workshop Setup im Universitätskurs „Digital Innovation Modelling“ (DIM)

Damit steht am Ende des DIM-Prozesses nicht nur ein Design-Prototyp, sondern auch ein erster Ansatz für das (digitale) Geschäftsmodell. Auch die Gestaltung von Kund:innen-Erlebnissen ist im Design Thinking ein wichtiges Differenzierungsmerkmal. Der Fokus auf neue Services, ergänzend zu Produkten, führt zum Denken in Lösungen.

Design Thinking folgt grundsätzlich einem iterativen (agilen) Prozess, der aus den folgenden Schritten besteht:

  • Verständnis gewinnen: In diesem Schritt geht es darum, ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse und Perspektiven der Nutzer:innen zu erlangen. Hierzu werden Interviews, Beobachtungen und andere Methoden eingesetzt, um die Nutzer:innen und ihre Bedürfnisse besser kennenzulernen.
  • Aufgaben- oder Problemdefinition: In diesem Schritt werden die Erkenntnisse aus der Verständnisgewinnung genutzt, um das Problem genau zu definieren und die Herausforderungen zu identifizieren, die es zu lösen gilt.
  • Gemeinsame Ideenfindung: In diesem Schritt werden Ideen für die Lösung des Problems generiert. Hierbei werden häufig Kreativitätstechniken wie Brainstorming, Crowdsourcing oder Mindmapping eingesetzt, um eine Vielzahl von Ideen zu generieren.
  • Erstellen von Prototypen: In diesem Schritt werden ausgewählte Ideen in konkrete Prototypen umgesetzt, um die Funktionalität und die Nutzer:innen-Freundlichkeit der Lösung zu testen. Es handelt sich dabei meist nicht um funktionale Prototypen, sondern um haptische und/oder digitale Elemente für ein frühes Feedback der Anwender:innen.
  • Testen der Prototypen: In diesem Schritt werden die Prototypen getestet, um Feedback von Nutzer:innen zu erhalten und die Lösung zu verbessern. Das Feedback wird genutzt, um die Lösung zu optimieren und den Prozess von vorne zu beginnen, bis eine erfolgreiche Lösung gefunden wurde.

Design Thinking ist ein flexibler Ansatz, der auf eine Vielzahl von Problemen und Herausforderungen im Innovationsmanagement angewendet werden kann. Durch den Fokus auf die Bedürfnisse und Perspektiven der Nutzer:innen kann Design Thinking dabei helfen, innovative Lösungen zu entwickeln, die tatsächlich auf die Bedürfnisse der Nutzer:innen zugeschnitten sind.

Nachdem die Bedeutung von Services im Rahmen von Geschäftsmodellen ansteigt, wird das professionelle Gestalten von Dienstleistungen für unterschiedliche Branchen immer wichtiger. Design Thinking kann auch sehr gut mit „Open Innovation“ Prozessen verbunden werden, wo User:innen eingeladen werden, Ideen aus der Anwendungsperspektive über digitale Innovationsplattformen einzubringen.

Welchen Anteil haben Dienstleistungen an den Gesamtlösungen in deinem Unternehmen? Gibt es bereits Erfahrungen mit Service Design oder „Design Thinking“? Wie viele der Design-Prototypen sind schon am Weg zur Umsetzung?

Ich freue mich wie immer auf Feedback und wünsche noch einen erholsam-kreativen Sonntag!

Reinhard Willfort, Innovationsdoktor, www.willfort.at

In 10 Schritten zum innovativen Unternehmen: Im 9. Beitrag geht es um die kundenzentrierte Entwicklung von Dienstleistungen oder Lösungen. Design Thinking und Service Design kommt vermehrt in Innovationsprojekten vor. Wichtig ist es nicht beim Prototypen stehen zu bleiben, sondern in die Umsetzung und Geschäftsmodellierung zu investieren! Gibt es bereits Erfahrungen mit Service Design oder „Design Thinking“? Wie viele der Design-Prototypen sind schon am Weg zur Umsetzung? Meine Erfahrungen aus der Praxis zu diesem Thema sind im heutigen Newsletter zu lesen.

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