„Mit Preisen kann man Kunden locken, mit Marketing für sich gewinnen, aber nur mit Innovationen lassen sie sich halten“
Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger
Die Treiber für Innovationen sind nicht nur im technologischen Wandel, sondern vor allem im Wertewandel in der Gesellschaft zu finden. Dazu kommt, dass die Veränderungsgeschwindigkeit überproportional weiter zunimmt und nahezu alle Branchen betrifft. Ein Indikator sind die Produktlebenszyklen, die immer kürzer werden. In diesem Kontext fällt mir das Feedback einer meiner Studierenden an der Donau-Universität Krems ein: Auf die Frage wie lange der Produktlebenszyklus in seiner Branche ist, kam die Antwort: „Wir produzieren Schiffsdieselmotoren und diese sind 30 Jahre im Einsatz“. Dieses Gespräch ist rund 10 Jahre her und inzw. gibt es bereits einige Gewässer, wo Verbrennungskraftmotoren grundsätzlich verboten wurden.
Fazit: Innovation wird zunehmend zu einem wichtigen Unternehmensprozess, der permanent und stimmig zur Unternehmens- und Branchenlogik bespielt und gelebt werden muss. Innovationsmanagement wird damit zur „Versicherung“, um nicht vom Markt zu verschwinden. Die Basis dafür ist eine Innovationskultur im Unternehmen. In der Praxis sind aber folgende Extremsituationen im Innovationsmanagement zu beobachten:
Fall 1: Wenn es Unternehmen wirtschaftlich gut geht, ist die Bereitschaft neue Wege einzuschlagen meist gering. Die Quartalsberichte sind gut, die Umsätze sind stabil oder gar steigend und die Kunden zufrieden. Am Jahresende sind Überschüsse zu erwarten, was auch Shareholder und Eigentümer erfreut. Es wäre der ideale Zeitpunkt, um in Innovation zu investieren, um nicht nur jetzt, sondern auch in naher Zukunft eine “Cash Cow“ am Markt zu haben. In der Realität schlägt aber in dieser Situation die menschliche Trägheit zu und man stellt sich die Frage: Wozu soll man gerade jetzt etwas verändern, wenn doch alles gut läuft?
Fall 2: Wenn Unternehmen in eine Krise schlittern, fehlen meist die Ressourcen, um den Standardbetrieb aufrecht zu erhalten, Innovationssprünge sind damit nicht mehr möglich. Der Veränderungsdruck ist enorm, Kapazitäten müssen angepasst werden. Der Umsatzrückgang lässt kaum Spielraum jetzt etwas Neues zu starten. Dazu kommt, dass zu diesem Zeitpunkt meist die besten Köpfe das Unternehmen verlassen und sich neu orientieren. Es fehlt also an finanziellen Ressourcen und an „Brainpower“, um einen innovativen Neustart hinzulegen. Die Veränderungsbereitschaft ist in diesem Fall meist sehr groß und Krisen können in auch katalytisch auf das Thema Innovation wirken.
Wenn die Veränderungsdynamik weiter zunimmt und die Auslöser dafür immer schwerer vorhersehbar werden (ich erspare mir die letzten 3 Jahre zu reflektieren), dann ist die einzige Chance den Prozess für Innovations- und Veränderungsmanagement zu standardisieren und zu einem dauerhaften Bestandteil der Unternehmenslogik zu machen! Nichts wird in Zukunft so beständig sein wie der Wandel. Die steigende Durchdringung an einschlägigen Begriffen in der Beratungs- und Trainingsbranche (Agilität, Ambiguität, Resilienz, Komplexität, Volatilität, Unsicherheit, etc.) zeigt, dass zunehmend Bewegung in das Thema kommt. Es gibt sogar eine neue Abkürzung für diese neue Welt: „VUCA“.
Wie man dieser Herausforderung begegnen kann, habe ich im Beitrag „8. Innovation needs networking“ bereits beschrieben. In der Organisationsforschung war schon vor vielen Jahren erkennbar, dass der Trend zu netzwerkbasierten Organisationen eine wirksame Antwort auf die VUCA-Welt sein könnte. Hierarchien treten in dieser Überlegung zunehmend in den Hintergrund. Das liegt nicht nur in der Trägheit des Systems, sondern auch an geänderten Anforderungen an den (Wissens-)Arbeitsplatz der Zukunft bzw. Gegenwart. Hochqualifizierte Wissensarbeit und Kreativität brauchen neue Formen der Zusammenarbeit, abseits von Hierarchien.
Aus meiner Sicht ist im Innovationsmanagement das Zusammenspiel von Hierarchie und Netzwerk im Unternehmen von großer Bedeutung. Netzwerke liefern in der Kreativphase schneller neue Lösungsmuster. Die Mobilisierung und Vernetzung von Wissen abseits von Abteilungs- und Standortgrenzen führt zu besseren und ausgereifteren Ideen. Durch die Digitalisierung der Kreation und Kommunikation kann ein permanentes „kollektives Gehirn“ des Unternehmens etabliert werden. Hierarchien und darin konkret das Top-Management sind aber grundsätzlich schneller in der Entscheidungsfindung, um Ressourcen zu mobilisieren (zumindest theoretisch, aktuell werden Entscheidungen eher hinausgezögert).
Neben den bereits beschriebenen Innovationstreiber werden für größere Unternehmen (ab 250 Mitarbeiter:innen) mit Beginn 2024 neue Themen für Innovationsdruck sorgen. Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeitsberichte, Green Deal, etc. führen auch bei kleineren Unternehmen zu neuen Verpflichtungen, nicht nur im Reporting. Um diesen Anforderungen wirksam gerecht zu werden, wird eine strategische (Neu-)Ausrichtung inkl. Innovationen erforderlich sein. Nachhaltigkeit wird damit von einem Buzzword zur gelebten und reportingpflichtigen Unternehmensdisziplin. Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und Environment Social Governance (ESG) stehen vor der Tür und verlangen Aufmerksamkeit. ESG-Reportings sind „allumfassender“ als bisherige Nachhaltigkeitsberichte und werden die Nachhaltigkeit eines Unternehmens in seiner Gesamtheit beschreiben. Damit ist ausreichend Material für die nächsten Leiden:schafft INNOVATION Newsletter vorhanden.
Wie werden in deinem Unternehmen Innovationen gemanagt? Werden Innovationsprojekte in der Budgetplanung berücksichtigt? Sind alle Köpfe des Unternehmens eingeladen bei Zukunftsprojekten mitzudenken und mitzugestalten? Gibt es bereits ein etabliertes Innovationsmanagement und eine Innovationsmanagerin oder einen Innovationsmanager?
As always, I look forward to feedback and wish you a relaxing and creative Sunday!
Reinhard Willfort, Innovation Doctor, www.willfort.at